Beitrag zu «Heimat» im Schulblatt Thurgau Juni 2018

Meine Heimat ist von dieser Welt

Für die Ausgabe Nr. 3 (Juni) 2018 des Schulblattes Thurgau verfasste ich einen Text. Die Ausgabe behandelte das Thema «Heimatland!». Mein Text erschien auf der Seite 14. Im Heft kamen Vertreterinnen und Vertreterinnen verschiedener Weltanschauungen zu Wort.

Das PDF der Seite 14 findet sich hier (800 KB), das PDF der gesamten Ausgabe habe ich hier (18.1 MB) abgelegt.

HEIMAT & FREIDENKER

 

Meine Heimat ist von dieser Welt

 

Heimatgefühle kommen bei mir vor allem in Gesellschaft anderer Menschen auf.

 

Valentin Abgottspon, Vizepräsident Freidenker-Vereinigung der Schweiz


Gemeinsam an Projekten zu arbeiten, zu diskutieren, an der Weiterentwicklung von Gesellschaft und Wissenschaft teilzuhaben: Dann fühle ich mich wohl. Am liebsten wäre ich wohl Bürger einer Art Gelehrtenrepublik, in welcher möglichst wenig Einschränkung und Einfalt herrscht; dafür aber umso mehr Vielfalt, Neugierde, Wissensdurst und Kreativität. Ein Heimatbegriff, welcher sich bloss auf Landschaftsformen und Koordinaten bezieht, ist mir zu langweilig. Bei Leuten, welche den Begriff «Heimat» dazu verwenden, andere auszugrenzen, ja sie überhaupt erst zu «Anderen» zu machen, fühle ich mich nicht beheimatet.

 

Ich finde das «heimatliche» Gerede von «(jüdisch-)christlichem Abendland» meistens ermüdend. Viele unserer Mitbürgerinnen und Mitbürger mit Religionshintergrund denken sich unsere Heimat halt vorwiegend in religiösen Dimensionen. Wenn behauptet wird, dass Demokratie, Menschenrechte, Gerechtigkeit, Toleranz, Solidarität und Freiheit «christliche Werte» seien, widerspreche ich. Einerseits mussten viele dieser Rechte gegen den mehr oder weniger heftigen Widerstand von religiösen Menschen bzw. Institutionen erkämpft werden. Andererseits gehen mir bei solcher Einseitigkeit andere «christliche Werte und Traditionen» zu sehr unter: z.B. die Verfolgung Anders- und Nichtgläubiger, Hexenverbrennung, Homophobie und Frauenbenachteiligung. Ich kann getrost sagen: Dass mir Religion keinen Trost bieten kann und ich sie nicht benötige, um ein sinnerfülltes, bewusstes und gutes Leben zu führen. «Heimat» hat für mich zudem nicht bloss mit «Herkunft» zu tun, sondern auch damit, wo wir gemeinsam hin wollen. Geborgenheit und Sinnhaftigkeit auch ganz ohne Religion oder sonstige esoterische Spiritualität zu empfinden, das ist für mich: «Heimat». Oder zumindest eine meiner Heimaten.